Stimme & Chor

Staging the past (2016)

10’

für Chor und elektronisches Tape

S, A, T, B, Tape

Als Komponist begegnet einem häufig die Frage, ob das Konservieren von Ideen, Klängen, das akribische Ausarbeiten von akustischen Abläufen nicht von Grund auf etwas Absurdes ist. Musik ist doch immer erst natürlich und entfaltet seine Wirkung fast ausschließlich, wenn sie durch ein Medium, dem Musiker alias dem Klangkörper interpretiert wird. Warum nicht also gleich improvisieren und Musik im Moment des Erfindens freigeben? Warum das Überdenken jeder einzelnen Phrase, jeder Note und wozu deren Fixierung? Es ist, als ob man sich für etwas aufopfert, was eine dauerhafte Existenzberechtigung erhalten soll. Etwas, das einen selbst überdauert, möglicherweise den irrationalen Anspruch auf Unendlichkeit erhebt, oder etwas, das ganz einfach vor dem Vergessen bewahrt werden will. Ähnlich verhält es sich, wenn Kunst und Vergänglichkeit aufeinander treffen. Der Tod eines Mitmenschen setzt dem gemeinsam Erlebten seinen festgeschriebenen Rahmen; Erinnerungen, Momentaufnahmen, Sprachfetzen werden zu wiederkehrenden Motiven, die insistieren vor dem Vergessen bewahrt zu werden. Als Hinterbliebener findet man sich plötzlich gezwungen über die Wichtigkeit dieser Erlebnisse und auch den Einfluss des Verstorbenen auf sein eigenes Leben zu urteilen. Es ist, als ob man Szene für Szene rekonstruiert, sie aus dem Dunst des Vergangenen schöpft und noch einmal durchlebt. Doch tatsächlich ist alles Schein, denn die Bilder der Vergangenheit sind längst zu dem geworden, was man heute in ihnen sehen will. Der Künstler agiert somit als Regisseur eines Traumtheaters, welches auf wahrer Begebenheit beruht, doch darüber hinaus surreale Züge annimmt. In staging the past werden mehrere Sänger mit MP3-Tracks ausgestattet, die sie simultan starten und versuchen ganz individuell im Raum verteilt wiederzugeben. Ein Vorgang der dem Filtern von Erinnerungen ähnelt – denn die jeweils gehörte Aufnahme bleibt dem Publikum verwehrt und der Sänger wird zum wiedergebenden Medium, welches lediglich seine eigene Interpretation der verdeckten „Wahrheit“ hörbar machen kann. Selbst der Sekundenbruchteil zwischen Hören und Singen der Interpreten lässt sich bereits als eine Wiedergabe des Vergangenen deuten. Die entstehenden Individualgesänge stehen einem vorgefertigten elektronischen Track gegenüber, der über Lautsprecher akustische Rekonstruktionen von Erlebnissen und vermeintlich durchlebten Szenen wiedergibt. Es mischt sich Realität mit Fiktion und Wahrheit mit Wunschbild. Die Vergangenheit zu inszenieren, ist womöglich ein vollkommen künstlicher Akt und gleicht der oben angesprochenen Absurdität des Komponierens, aber er ermöglicht dennoch, dem Leben eines Mitmenschen einen flüchtigen klingenden Moment zu widmen.

In diese Schlucht (2008/9)

13’

für Solosopran und Streichquintett

S, 2 Vl, Vla, 2 Vc

Du in dir selbst (2012)

7’

für Chor

SS, AA, TT, BB

Nachtlicht (2009)

10’

für 6 Stimmen

SS, MSMS, AA oder S, MS, A, Fl, Eh, Kl