kammermusik

shards (2021/22)

13’

für Sextett mit Live-Elektronik

Fl, Ob, Bkl, Perc, E-Git, Vc

…und da ging etwas zu Bruch, was einmal ein Ganzes gewesen und hinterließ Teile einer Identität auf die nurmehr spärlich zu schließen war. Dessen Wahrheitsgehalt und Geschichte lag nun offen in Scherben vor den gierigen Fingern der Manipulatoren. Sie erklaubten und erklebten ihren Lügen und Ideologien entsprechend sich ein neues Ganzes voller „historischer Legitimation“. Bis auch dieses vom Götzenthron gestürzt, auf dem Boden der Tatsachen zerschellte, um dann dem nächsten Marktschreier in die Hände zu fallen…

 

„Sie sehen“, sagte Dr. Hickson und legte das Buch beiseite, „die Wahrheit hat viele Zyklen durchschritten und ist am Ende ein Versatzstück eines ursprünglichen Großen und Ganzen, welches wir schon längst nicht mehr kennen. Und doch haben wir die Lust am Schaffen unserer märchenhaften Erzählungen nie verloren. Vielleicht ist es eben auch ein urmenschliches Bedürfnis sich seine Welt durch Versatzstücke zu erklären. Das dabei entstehende Hybrid entspricht zwar nicht einer allumfassenden Wahrheit, jedoch zumindest einem authentischen Abbild individueller Wahrnehmung.“

 

Da fragte Miss Greenwich neugierig: “ Verstehe ich Sie richtig, wenn Sie behaupten, dass das Neue, welches den alleinigen Wahrheitsgehalt für sich beansprucht, stets auf die spezifische Wahrnehmung einzelner Individuen zurückzuführen ist?“

 

„So ist es! Das Neue ist solange neu, insofern es noch nicht vom Thron des Narrativs gestürzt wurde und was meinen Sie wie oft das geschieht?“, sprach Dr. Hickson und ließ vollen Bewusstseins sein Whiskyglas von der Armlehne seines Sessels gleiten, worauf es auf dem Parkett in tausende funkelnde Scherben zerbarst.

 

aus „Shards – seven debates about the creation of truth“ von Leonard I. Eastman

 

En los ojos de tus antepasados (2017)

9’

für Quartett

Fl, Ob (Melodica), Vc, Klv

Pünktlich zu Beginn dieser Komposition fiel mir in meinem Elternhaus ein altes ledernes Familienalbum in die Hände, von dem ich zuvor nie etwas gehört hatte. Was ich darin fand, war einzigartig: Fotografien meiner Ahnen um die vorige Jahrhundertwende, das älteste datiert mit 1896. Die Augen, der dort abgelichteten Menschen, sprachen so vieles, so dass sie mich völlig in ihren Bann zogen. Einerseits wirkten sie mit ihren starren Blicken abschreckend, andererseits nahbar und dann wieder fast belustigend. Fremde, die doch zu mir gehören – gleich Menschen fremder Nationen, die doch nur Erdenbürger sind. Mir war klar, dass ich meine Ahnen meiner Musik gegenüberstellen musste, um so meine Verbindung zu diesen zu erforschen.

Text auf deutsch:
Was siehst du in den Augen deiner Vorfahren?
Siehst du dich selbst?
Spürst du die Angst dir selber fremd zu sein?
///
Wer seid ihr?
Eure Augen erzählen mir die Geschichte einer verborgenen Welt.
Ich kenne euch nicht und doch weiß ich um eure Gefühle.
Wir gleichen einander.
///
Wir waren Sklaven unserer Zeit. Ihr seid es auch!
Wir konnten nicht anders. Ihr habt die Wahl!

arisen from… (2015)

12’

für Quartett

Ob (Eh), Bkl, Vln, Vla

love /// hills covered by yellow gorse /// flapjacks /// Debussy at the pier of Llandudno /// winding electricity wires on a train ride /// patience and endurance /// the researchroom /// toothbrushing /// friendship /// the view from Mount Snowdon to the Irish coast /// yoga /// Nilo /// four o’clock tea with P /// the lighthouse at South Stack /// pain and pressure /// llan fair pwllg wyngyll go gerychw yrn drobwllll antys ili ogogog och /// intuition.

Symmetrias (2012)

8’

für Trio

Kl, Perk, Vc

Symmetrias beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie aus zwei einander ensprechenden Teilen Drittes wird. Wenn man z.B. crescendo und decrescendo oder accelerando und ritardando gleichzeitig ablaufen lässt geschieht eine Interferenz, – etwas Drittes, oftmals Unkontrollierbares entsteht. Es wird mehrfach mit einer symmetrischen Ausgangssituation gespielt, die sich stets ebenso in eine Individualität dreier unabhängiger Gestalten umdeuten lässt. Diese Ideeagiert von kleinen motivischen Zellen bis auf die äußere Anlage formbildend und ist auch in der Instrumentation berücksichtigt.

Lidschlag (2013)

8’

für Trio

Ob, Klv, Vc

Wenn wir unsere Augen im Laufe eines Tages mehrere Male schließen und im Bruchteil einer Sekunde wieder öffnen, so gehen wir immer davon aus, dass wir danach der gleiche Mensch mit den gleichen Gefühlen und Charaktereigenschaften sind. Was aber, wenn ein Lidschlag das Tor zu einer Wahrnehmungsveränderung wäre? In gewisser Weise geschieht dies wenn wir träumen: ein Traum ermöglicht uns verschiedene Charaktere und Rollen einzunehmen. Max Frisch demonstriert dies in seinem Roman „Mein Name sei Gantenbein“ in dem die Hauptfigur vorgibt blind zu sein und dadurch einen Perspektivwechsel auf sich und sein Umfeld erhält. Einen solchen Lidschlag verkörpert der gleich zu Beginn des Stücks abgedämpfte tiefste Ton des Klaviers, der mit seinem trockenen Nachhall die vorangegangene lebhafte Atmosphäre schnitthaft durchtrennt und eine geräuschhafte Fläche der Leere hinterlässt. Die Lebhaftigkeit kehrt jedoch gleich einer Rückbesinnung zurück und fordert aufs Neue den Charakterwechsel. Ein Spiel zwischen deutlichen Kontrasten entsteht – auf der Suche nach seiner wahren Identität.

Sumyncópia (2014)

4’

für Duo

2 Klarinetten in Bb (Böhm System und deutsches System)

Distances liés (2013)

6’

für Trio

Bkl, Fg, Tb,